von Steve Backshall, TV-Moderator für den BBC-Sender Natural History
Ostern und Schokoladeneier: das war noch nie meins! Ich nutze die Zeit lieber für abenteuerlichere Unternehmungen. Und mein Entschluss, 125 Meilen (ca. 200 km) von Devizes, einer kleinen Stadt in der englischen Grafschaft Wiltshire in Südengland, aus bis zu den Houses of Parliament mitten in London zu paddeln, war für mich definitiv eine weitaus größere Herausforderung als Ostereier im Garten zu suchen! Ich hatte soeben „Strictly Come Dancing“, die englische Version von „Let’s Dance“, bestritten und verbrachte jeden Tag im Tanzstudio – erst recht war diese Marathon-Kajaktour eine willkommene Abwechslung! So begann ich direkt nach Ausscheiden aus dem Indoor-Tanzwettbewerb mit dem Outdoor-Paddeltraining: jeden Tag, oft auch Marathon-Distanz.
Mein Kumpel George Barnicoat vom Kanu-Club wurde mein Teammitglied. War die ganze Sache so hart wie „Strictly“? Kein Vergleich! Nun, zumindest wenn man vom Schimpfen meiner Tanzpartnerin, meinen Rückenschmerzen und Lycra-Strümpfen absieht. Denn was man bei Ausdauerkajaktouren sehr schnell vergisst sind die nicht so angenehmen Aspekte: Blasen und Schwielen an den Händen, Ermüdung, die fiesen Tiefpunkte, und darüber hinaus das hier: in seinem eigenen Urin im Kajak zu sitzen…, schmerzende Muskeln… – irgendwann möchte Dein Hirn dann am liebsten abschalten. Nein – alles, woran man sich erinnert, sind die positiven Seiten… Doch selbst wenn man am liebsten sagen möchte: „So etwas mache ich nie wieder!“ – die Wahrheit ist: in ein paar Wochen würde ich es mir anders überlegen!
Tatsächlich bin ich ein großer Outdoor-Enthusiast und genieße das Privileg die Welt zu erforschen, indem ich Filme über unsere wundervolle Welt und die grenzenlos schöne Tierwelt produzieren darf. Umso wichtiger ist für mich die Natur als Ganzes. Dieses Kajakrennen wurde veranstaltet, um Gelder für den Kauf von Teilen kolumbianischen Regenwalds zu sammeln, der von Abholzung, Wilderei und anderen Formen der Ausbeutung bedroht wird. Ich selbst verbringe so viel Zeit in den Regenwäldern unserer Welt und sehe mit eigenen Augen, wie wunderschön sie sind – aber auch wie schnell sie schwinden. So wollte ich unbedingt etwas wirklich Greifbares unternehmen, welches der World Land Trust [www.worldlandtrust.org] mir ermöglichte.
Als Zeitlimit hatten wir uns 24 Stunden gesetzt, und wir schafften es sogar knapp unter dieser Zeit: 125 Meilen (ca. 200 km) in 23 Stunden, 17 Minuten. Nach einem mörderischen ersten Tag und einer erstaunlicherweise relativ ruhigen Nacht kontinuierlichen Paddelns kamen am Ostersonntagfrüh an den Houses of Parliament an – mit Blasen & Schwielen an den Händen, Kratzern, Mega-Muskelkater und völlig übermüdet… aber unglaublich stolz!
Unsere Fahrt wurde durch drei gerissene Ruderbautenzügen teils erheblich verzögert. Einer davon riss mitten in der Pampa, kein Ort weit und breit! Also mussten wir unser Kajak schultern und so ca. eine halbe Stunde lang laufen. George hatte zum Glück eine gute Ausdauer und ließ sich von Hals- und Rückenschmerzen nicht unterkriegen – auch nicht von einigen Tiefpunkten in der Nacht, als er beim Paddeln immer wieder einschlief.
Energie zogen wir aus den vielen geschwenkten Fahnen, den Zurufen und den guten Wünschen, die uns entlang der Route begleiteten: Sie waren es, die uns die größten Tiefpunkte hindurch Kraft gaben. Auch möchten wir all denjenigen danken, die uns gesponsert haben, denn wir schafften es ausreichend viel Spendengelder zu sammeln, um 500 Morgen Regenwald in Kolumbien zu erwerben. Bereits Ende der Neunziger machte ich meine ersten Dschungel-Expeditionen, und einige dieser Orte sind mittlerweile nicht mehr wiederzuerkennen! Wenn wir nicht bald etwas dagegen unternehmen, werden wir das gesamte Konzept „Erde“ so grundlegend verändern, dass es kein zurück mehr gibt. Den World Land Trust zu unterstützen ist meine Art, tatkräftig zur Erhaltung unseres Planeten beizutragen.